Wiedersehen

Wenn das “Wiedersehen” noch schöner ist, wie die Freude darauf, dann weiss man, dass die Gefühle echt sind.
— Klaus Seibold

02.11.2024

Einfach nur schön, dieses Wiedersehen.

Ich bin glücklich und meiner Mum und meinem Bruder dankbar, dass sie diesen weiten Weg zu mir auf sich genommen haben.

Zuerst ein Ruhetag für mich; gemeinsam erkunden wir die Halbinsel Lefkada mit ihrem eindrücklichen Porto-Katsiki-Strand direkt vor einer Klippe. Ansonsten sind auch frühmorgens das auf einer kleinen Insel gelegene Örtchen Etoliko, wunderbare Küstenstrassen, die Brücke nach Peloponnes und der alte Tempel sowie der Kanal von Korinth Highlights auf dem gemeinsamen Weg.

Tagsüber fahre ich mit meinem Fahrrad, die anderen beiden mit dem Mietauto, und wir treffen uns zwischendurch immer mal wieder – sei es zu einem Kaffee, Mittagessen oder Bad im Meer.

Da ich ihnen all mein Gepäck mitgeben kann, habe ich nur Tagesproviant dabei. Ich fühle mich anfangs fast ein bisschen nackt, als hätte ich etwas Grösseres vergessen. Doch ich gewöhne mich rasch daran. Mit dem Auto können sie mich mitsamt Fahrrad durch den für Fahrradfahrer verbotenen Tunnel in Preveza sowie per Autobahn über den Kanal von Korinth chauffieren, da die einzige für Fahrräder mögliche Brücke aktuell unpassierbar ist.

Ich fühle mich für meine Reisegäste mitverantwortlich und recherchiere immer wieder mögliche Aktivitäten in der Gegend, die für mich neben dem Fahren zeitlich nicht infrage kommen. In Reise-Recherche habe ich inzwischen viel Erfahrung. Einige der Vorschläge setzen sie um.

So nähern wir uns immer mehr meinem zweiten grossen Meilenstein nach Triest: Athen. Hier endet meine Reise in Europa.

Und hier wird mich auch Sofia noch einmal besuchen. Sie reist am selben Tag an, an dem die anderen beiden abreisen. Natürlich muss ich mir auch diesen Meilenstein und Sofias Besuch auf besondere Weise verdienen.

Es passiert am drittletzten Tag: Ich kämpfe bald gegen starken Gegenwind.

Und dann, mitten im Nirgendwo, platzt mir ein Schlauch. Langsam häufen sich diese Pannen - es ist nun schon die dritte. Der Schlauchaufsatz ist im Gepäck im Auto meiner Reisegäste, die mir gerade noch kurz vor dem Malheur geschrieben haben, dass sie bereits auf der Fähre nach Peloponnes seien. Hilfe von ihrer Seite ist also nicht möglich. Nach Mesolongi, dem nächstgelegenen Ort mit einem Bikeshop, ist es eine Stunde Fussmarsch. Mir bleibt nichts anderes übrig. Ich habe zwei Wegmöglichkeiten und entscheide mich für die Hauptstrasse - vielleicht nimmt mich ja jemand mit dem Auto nach Mesolongi mit.

Tatsächlich hält nach etwa 20 Minuten ein Auto mit Laderaum fürs Fahrrad und bringt mich bis zum Fahrradmechaniker.

Ich bedanke mich und verabschiede mich bei meinem Retter in der Not, einem ehemaligen Basketballprofi, der mir erzählt, dass er jetzt auf dem Nachhauseweg von der Arbeit sei, um sich selbst für ein paar Stunden auf sein Fahrrad zu schwingen.

Mit geflicktem Fahrrad fällt mir auf, dass mein Helm im Auto des ehemaligen Basketballprofis liegen geblieben ist.

Das darf doch nicht wahr sein!

Das Pech reisst heute einfach nicht ab. Der Fahrradmechaniker kennt zufälligerweise dessen Namen und versucht, ihn über Facebook zu erreichen. Und tatsächlich: Nach einigen Minuten erreicht er ihn gerade noch, kurz bevor dieser mit seinem Fahrrad startet. Er bringt mir den Helm kurzerhand vorbei.

Auch das ist ein freudiges Wiedersehen.

Nach der überraschenderweise kostenlosen Fährfahrt hinüber nach Peloponnes möchte ich ein Foto mit Fahrrad und der spektakulären Brücke im Hintergrund machen.

Ich stelle die eiserne Wilma also gleich neben die Bordsteinkante am Meer.

Während ich die beste Perspektive suche, kippt der Lenker auf die Seite. Sofort renne ich hin.

Fast wäre meine Wilma ins Meerwasser gefallen. Was für ein Schreck!

Am kommenden Tag gibt es ein weiteres Wiedersehen zu berichten: Auf Peloponnes treffe ich Lina wieder, die ich einige Tage vorher bei gemeinsamer Fahrt unglücklich auf dem Weg aus den Augen verloren habe (siehe Blog "Lichtspiel"). Wir können das damalige Missverständnis klären.

Der Abschied von meiner Mum und meinem Bruder nach dem Kanal von Korinth ist sehr emotional.

Für uns alle drei waren es tolle Tage. Nach einem letzten gemeinsamen Fotoshooting geht es weiter.

Mittels kurzer Fährfahrten und Inselüberquerungen nähere ich mich Athen. Die Stadt ist alles andere als fahrradfreundlich.

Ich sehe kein einziges anderes Fahrrad und werde ab und zu angeschaut, als wäre ich von einem anderen Planeten.

Als grosse Belohnung wartet das Wiedersehen mit Sofia auf mich.

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