Pangolin

Die Gesundheit man erst richtig schätzt, wurde sie durch Krankheit verletzt.
— Monika Kühn-Görg

02.02.2025

Sie sehen aus wie längliche Tannenzapfen auf Beinen. Optisch und von ihrem Gang her erinnern sie zudem auch etwas an Faultiere, doch ist ihr Körper mit scharfkantigen Hornschuppen statt Haaren überzogen. Dank diesem Panzer können sie sich bei Gefahr vor Fressfeinden schützen, indem sie sich zu einer Kugel zusammenrollen, richtiggehend einigeln.

Eingeigelt hat sich auch Sofia, im Zelt. Eine Reise in Afrika braucht manchmal auch einen harten Schuppenpanzer. Es geht ihr gar nicht gut.

Da kann auch ein Hundeblick ins Zelt nichts mehr bewirken.

Neben Übelkeit beklagt sie steigendes Fieber. Irgendwann sind es über 40 Grad. Könnte das Malaria sein? Mit einer Inkubationszeit von mindestens einer Woche wäre es möglich, auch trotz Malaria-Prophylaxe. Dazu kommt Durchfall. Und als wäre dies nicht schon genug, fliegen uns auch noch hunderte Fliegen um die Ohren, die Sofias nächtliches notfallmässiges Geschäft in Zeltnähe gerochen haben. Das fehlende fliessende Wasser erschwert die Situation zusätzlich. An ein Weiterfahren ist heute nicht zu denken, stattdessen fahren wir mit dem Pangolin-Rescue-Bus und Joseph, dem Besitzer der Pangolin-Station, zum nahegelegenen Krankenhaus in Buhoma.

Sofia kann sich kaum noch bewegen, schläft immer wieder ein. Im Krankenhaus darf sie sich auf ein Bett legen, rundherum wird ein Vorhang gezogen. Bald darauf kommt ein Arzt zum Bett. Dann noch einer. Und noch einer. Plötzlich ist der Raum proppenvoll mit Oberarzt, einem weiteren Arzt, drei "Mzungu" Ärzten in Ausbildung und 10 Krankenschwestern, teilweise auch in Ausbildung. Ich halte ihr die Hand, fülle Papiere aus und beantworte Fragen.

Stolz erzählt uns der Oberarzt die Geschichte dieses Krankenhauses, nennt Patientenzahlen, Anzahl Auszubildende und weitere Details. Wieso erzählt er uns das alles? Für Sofia muss sich das wohl wie eine Halluzination anfühlen. Ich bin mir langsam auch nicht mehr sicher, ob ich meinen Sinnen trauen kann. Als nächstes fragt er die auszubildenden Ärzte, was ihre Vermutungen sind und was sie nun machen würden. Dies alles vor uns. Dann verschwinden sie.

Sofia hat panische Angst vor Spritzen. Doch sie brauchen ihr Blut zur Analyse. Ich versuche sie abzulenken. Da die Dame in Ausbildung das Blutgefäss nicht richtig trifft, muss mehrmals gepikst werden.

Dann wird Sofia an den Tropf mit Paracetamol und verschiedenen Elektrolyten gehängt.

Nach real zwei und gefühlten fünf Stunden kommt der Oberarzt mit den Ärzten in Ausbildung zurück. Ist es Malaria? "Alles mit der Ruhe" antwortet der Oberarzt. Er gibt den Lernenden die Aufgabe, den "Fall" möglichst vollständig zusammenzufassen. Weitere Minuten vergehen, die sich insbesondere für Sofia unendlich anfühlen. Aber fast noch langsamer vergehen die darauffolgenden Minuten, in denen er abermals für das Krankenhaus wirbt, ausserdem sollen wir auch in Europa davon erzählen. Nein, Malaria sei es nicht, sondern eine schlimme Lebensmittelvergiftung. Vielleicht der Papayasaft vom Vortag? Es lässt sich nicht eruieren, spielt aber auch keine Rolle. Verschriebener Medikamenten-Cocktail für die nächsten Tage: Antibiotika und Paracetamol. Zudem der Hinweis, nicht zu viel Sport zu treiben. Hallelujah! Die Behandlung und Medikation ist zu unserem grossen Erstaunen gratis, das Krankenhaus existiert spendenfinanziert. Wir spenden. Nach dem "Sofia-Rescue-Center" geht es wieder zurück ins Pangolin-Rescue-Center.

Sofia geht es glücklicherweise rasch besser. So liegt abends sogar eine kurze Tour durch das Pangolin-Center drin. Momentan haben sie nur eins dieser vom Aussterben bedrohten Tiere vor Ort. Im asiatischen Raum wird ihr Panzer als Medizin missverstanden. Sobald sich ein Pangolin erholt hat, wird er wieder in die Wildnis entlassen. Neben deren Schutz hat sich das Center auch der ökologischen Aufklärung von Frauen aus dem Dorf und in Schulen verschrieben.

Ich bin froh, geht es "meinem Pangolin" schon viel besser.

Bald kann auch sie wieder die Wildnis erkunden, gemeinsam mit mir.

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