Al’Ula

05.12.2024

Bereits auf dem Weg zu Ahmed möchte ich noch kurz beim Spiegelhaus Maraya vorbeischauen. Um überhaupt in dessen Seitental zu gelangen, muss man an einer Eintrittskontrolle vorbei. Der Wächter fragt mich, ob ich bereits eine Reservierung in einem der Restaurants im Tal habe, ohne die man nicht hereingelassen wird. Nach meiner Verneinung weist er mich an, eine App herunterzuladen, mit der dies kostenlos erledigt werden kann. Doch das Login funktioniert bei mir nicht. Kurzerhand erledigt er es schliesslich auf seinem eigenen Handy, und ich fotografiere den QR-Code auf seinem Handybildschirm. Pragmatisch. Doch nicht nur deswegen mutet es wie eine Alibi-Übung an: Ich weiss gar nicht, wo ich nun etwas reserviert haben soll.

Bevor es zum Maraya geht, möchte ich noch bei einem der luxuriösen Resorts vorbeischauen, von denen es hier mehrere gibt. Gemäss den Bildern scheint dieses eine besonders sehenswert zu sein. Auf dem Parkplatz angekommen, werde ich darauf hingewiesen, dass für den Zugang zum Café am Pool umgerechnet rund 30 Franken fällig werden. Das ist mir dann doch zu viel des Guten, und ich lasse die Gutbetuchten unter ihresgleichen.

Das Spiegelhaus, in dem eine Konzerthalle sowie ein Ausstellungsraum untergebracht sind und das angeblich auch als Modell für die Aussenfassade des "The Line"-Projektes dient, sehe ich bereits von Weitem.

Das Spiegelhaus wirkt surreal.

Nicht ganz überraschend tänzelt hier eine sogenannte Influencerin um das Gebäude. Sie packt gerade einige zusätzliche Filmgadgets aus, da wird sie gerufen. Offenbar ist sie mit einem Tourbus da. Sie verdreht die Augen und lässt unschwer erkennen, dass sie ob der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit hier sehr enttäuscht ist. Hastig packt sie alles ein. Diese Szene bringt mich zum Schmunzeln.

Hinter dem Gebäude sind im Eingangsbereich des Ausstellungsraumes einige Männer etwas am Schleppen. Ich möchte einen Blick ins Innere erhaschen. Harsch werde ich gefragt, was eine Absperrung im Land bedeute, aus dem ich komme. Erst jetzt fällt mir das Absperrungsband auf, das allerdings eine grosse Lücke aufweist, weshalb ich es zunächst nicht gesehen hatte. Freundlich entgegne ich, dass eine Absperrung mit einem drei Meter langen Loch bedeute, dass man sicher durchs Loch und nicht woanders durchlaufen sollte. Nun fällt ihm das Loch auch auf, doch freundlicher wird er deswegen nicht. Ich befürchte gar, dass er bald handgreiflich werden könnte.

Sehr nervös, dieser Typ, nimmt sich und seinen Job meiner Ansicht nach ein bisschen zu ernst. Ich nehme es gelassen zur Kenntnis, was ihn eher noch mehr in Rage versetzt. Ich versuche ihn zu beruhigen, indem ich mich von der Stelle entferne und dies mit ruhiger Stimme auch verbal äussere. Sobald ich weg bin, weist er einen Mitarbeitenden an, das Loch zu schliessen. Ich meinerseits beschliesse, bei einem Sonnenuntergang nochmals zum Maraya zu kommen, um noch spektakulärere Spiegel-Fotos schiessen zu können. Das mache ich dann auch.

Doch nicht nur das Maraya gibt es in Al'Ula zu sehen, sondern zum Beispiel auch das imposante Hegra, seinerseits UNESCO-Weltkulturerbe, den Harrat-Viewpoint und einen Elefanten.

Ja, richtig gelesen: meinen ersten Elefanten sehe ich nicht in Afrika, sondern bereits hier in Saudi-Arabien.

Und was für ein grosses Exemplar!

Den grössten, den ich je gesehen habe. Er ist allerdings nicht aus Fleisch und Blut, sondern, wie könnte es anders sein, aus Sandstein. Die Laune der Natur hat die Felsformation zu einem gigantischen Elefanten geformt.

Dahinter befindet sich eine szenige Bar mit ein paar wenigen Essensständen.

Ich gönne mir etwas, auch wenn es wie erwartet nicht allzu viel hergibt und eher teuer ist. Das Gelände hier ist weitläufig, und mit dem Fahrrad muss ich mir alle Sehenswürdigkeiten verdienen. Vom Elefanten zurück zu Ahmed habe ich aber Glück: ein paar saudische Jungs nehmen mich mitsamt Fahrrad mit dem Auto mit.

Für Hegra buche ich mir einen Hop-on-Hop-off-Bus, den es für diese Attraktion erst seit Kurzem gibt. So kann ich an den vier Haltestationen jeweils so lange bleiben, wie ich möchte – nicht wie bei den anderen Touren. Ich gehe frühmorgens gleich zur Öffnungszeit und erwische den ersten Bus. Im grossen Bus sitze ich neben dem Fahrer ganz alleine, was mir zwar etwas komisch vorkommt, doch was soll's – Hauptsache, ich kann all die Felsengräber auch möglichst alleine für mich geniessen.

Sie sind eindrücklich. Eingemeisselt in riesige Felsblöcke, verziert. Man kann sich kaum vorstellen, wie viel Arbeit das gegeben haben muss.

Es waren die Nabatäer, die der Stadt Hegra im 1. Jahrhundert nach Christus zur Blüte verhalfen.

Die Kontrolle der Weihrauch- und Gewürzhandelsrouten machte sie wohlhabend. Nach Petra in Jordanien war Hegra die zweitgrösste Stadt der Nabatäer. Über 110 Gräber wurden hier bisher gefunden. Erst Mitte der 2000er Jahre begannen die Ausgrabungsarbeiten.

Höhlenzeichnungen und mehr als 50 Inschriften aus der nabatäischen Zeit bieten Einblicke in das Leben dieser Hochkultur. Mit einer Höhe von 21 Metern ist das Grab von Lihyan, dem Sohn von Kuza, das höchste Grab in Hegra und das optische Highlight. Ein Wahrzeichen, das einem den Atem raubt. Es ist ein unvollendetes Grabmal, warum, weiss man nicht. Doch dank dieses Umstands kann man sehen, dass die Grabmäler von oben nach unten ausgemeisselt wurden – und dies nur mit Hammer, Meissel und Spitzhacken.

Der Kopf einer Frauenleiche, sie heisst Hinat, die noch sehr gut erhalten war, wurde mittels technischer Hilfsmittel nachgebildet.

Hinat kann im Eingangsbereich des Open-Air-Museums ebenfalls besichtigt werden. Komisch, in das Gesicht einer Frau zu blicken, die vor rund 2000 Jahren gelebt hat, auch wenn es nur nachgebildet ist.

Auch der Harrat-Viewpoint ist sehenswert.

Von hier hat man einen tollen Blick auf Al'Ula und auf die Berge und Wüste Richtung Osten, die mich als Nächstes erwarten werden.

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