Für den Pragser Wildsee nehme ich extra einige hundert Höhenmeter in Kauf, auch wenn es fraglich ist, ob sich die Sonne dort zeigen wird.
Nur dann lohnen sich für mich die Höhenmeter, da die Szenerie mit Sonnenlicht sowohl fürs Auge als auch für die Fotolinse um Welten schöner ist als ohne. Zum Baden ist es eh zu kalt. Ich war schon einmal hier und hatte sowohl abends als auch morgens schlechtes Wetter. Ich will dem Pragser Wildsee nochmals eine Chance geben. Der Sonnenuntergang verspricht laut Prognosen noch etwas bessere Chancen auf gutes Wetter. Doch leider will sich die Sonne gar nicht zeigen. Ich überlege, ob ich mir die Nacht auf der kalten Höhe schenken soll. Nein, all die Extra-Höhenmeter habe ich bereits gemacht; auf eine kalte Nacht im Zelt kommt es jetzt auch nicht mehr an. Ausserdem habe ich beim Hochfahren bereits nach einem Platz zum Wildzelten Ausschau gehalten und vermute eine gute Möglichkeit nicht allzu weit vom See entfernt. Die Stelle stellt sich tatsächlich als ganz praktikabel heraus. In der Nacht höre ich wiederholt Hirsche röhren. Es ist Hirschbrunft. Halleluja, mich locken sie damit nicht an, im Gegenteil. Am nächsten Morgen beachte ich den Wecker zunächst nicht, ist ja wahrscheinlich eh bewölkt, denke ich mir. Als ich dann doch einmal aus dem Zelt herausschaue, sehe ich gutes Wetter und bin sofort hellwach. Schon etwas spät, aber noch vor Sonnenaufgang, klaube ich alles zusammen, was ich zum Fotografieren brauche, lasse das Zelt und alles andere liegen und hetze mit dem Fahrrad zum See. Ich werde nicht enttäuscht. Der Berg hinter dem See zeigt sich schon bald von einem dünnen Nebelschleier umhüllt in der Sonne.