Entscheidung

Wer keine Entscheidung trifft, den treffen Entscheidungen.
— Unbekannt

23.10.2024

Auf der Fähre entscheide ich mich überaus spontan, fast meine gesamte Albanienroute umzukrempeln. Anstatt über die SH23 nach Kukës und dann weiter an den Ohridsee zu fahren, entscheide ich mich neu für die SH22, die es mir ermöglicht, durch Tirana und dann der Küste entlang in den Süden zu gelangen. Die beiden Wege trennen sich kurz nach Fährenende, ein Umentscheiden unterwegs ist nach der Abzweigung in Fierzë nicht mehr möglich, denn man kommt mit Fahrrad nicht mehr auf die jeweils andere Route, die Entscheidung ist also endgültig.

Ich folge damit abermals dem Weg, den ein mir bekanntes Pärchen vor wenigen Wochen gefahren ist und sehr begeistert davon war. Es handelt sich um das gleiche Pärchen, das mich auch schon auf die Möglichkeit der grünen Grenze zwischen Bosnien und Montenegro aufmerksam gemacht hat, die ich dann ebenfalls unter die Räder genommen habe.

Ich bin inmitten der "Albanischen Alpen" angekommen.

Rund um mich schroffe Felswände mit imposanten Bergspitzen. Und so heisst es auch erstmal, einige hundert Höhenmeter hochzu-strampeln. Dies mit anfangs bestem Blick auf eine eindrucksvolle Staumauer. „Wenn die jetzt bloss nicht bricht“, denke ich mir. Unglaubliche Wassermassen würden auf mich und das gesamte Tal stürzen. Die Landschaft hier ist übersät mit Strommasten.

Die Stromproduktion Albaniens besteht bisher praktisch ausschliesslich aus Wasserkraft, das meiste kommt von hier oben. Kein Wunder also, dass mich solche Freileitungsmasten während all meiner nächsten drei Tage in den Bergen begleiten. Ich zelte in der Höhe auf einer grossen Wiese.

Am nächsten Morgen blicke ich auf das Nebelmeer, das sich über dem Stausee gebildet hat.

Ich fülle mir meine Wasserflaschen bei einer Bergquelle auf. Solche Gelegenheiten für frisches Quellwasser hat es hier glücklicherweise immer wieder, Einkaufsmöglichkeiten dagegen gar keine. Hier trifft man nur vereinzelt auf Bauernhäuschen, ansonsten nur Natur, soweit das Auge reicht. Die Strasse muss ich mir mit nur ganz vereinzelten Autos teilen. Sie schneidet sich in das Gebirge hinein, ist kurvenreich und beinhaltet viele kleinere und grössere Höhenunterschiede.

Es ist anstrengend. Doch die Landschaft lässt einem die Anstrengung immer wieder vergessen.

Mein nächster Zeltplatz ist wohl der schönste meiner gesamten bisherigen Reise und wird bis zu deren Ende auch sicherlich einer der schönsten bleiben. Das Zelt steht in der Nähe einer Kante, von welcher man unzählige Bergspitzen und einen ausgiebigen Mäander des Flusses Fan überblickt. Am Morgen küsst die Sonne liebevoll einzelne Bergspitzen und spendet warmes Licht. Beschwingt radle ich weiter. Die Entscheidung der Routenumplanung hat sich jetzt schon gelohnt.

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