Auch sonst braucht es gegenseitige Anpassung, obwohl ich uns beide als unkompliziert bezeichnen würde. Er steht für Spontanität, ich für Planung und Zielorientierung. Wir finden eine Zwischenlösung, indem ich jeweils die Route plane, mit Einbezug der Wetter- und Windprognosen, und diese dann spontan angepasst wird, wenn Martin schöne Gravel-Strecken sieht, die er am liebsten fährt, oder der perfekte Zeltplatz bereits vor dem geplanten Ziel auftaucht.
Martin möchte möglichst jede Nacht zelten oder, nur wenn nicht anders möglich, im billigsten Hostel unterkommen. Ich zelte auch gerne, bin nach ein paar Tagen aber jeweils froh um die Annehmlichkeiten einer (einfachen) Unterkunft. Deshalb, und auch weil ich in Mostar den Besuch einer Massage vorschlage, verunglimpft er mich spasseshalber als "Bikepacking-Glamper", wobei Glamping für luxuriöses Camping steht.
Unsere Übernachtungskompromisslösung: Wir zelten meist, gönnen uns in Split auch einmal ein Apartment mit eigenem Badezimmer und Küche und verbringen die Nächte in Zadar und Mostar in Hostels, wenn auch nicht die allerbilligsten, da ich zumindest auf eine gute Bewertung Wert lege. Wobei eine gute Bewertung noch nicht alles sagt: In Zadar, dummerweise gerade Freitagabend, werden wir in einem superkleinen Vierbettzimmer von Bassklängen vom Club nebenan in den Schlaf begleitet. Gut, dass wir müde genug waren. Und in Mostar treffen wir auf eine verbitterte Besitzerin, die immer wieder auf Bosnisch auf uns einredet, wenn ihr irgendetwas nicht passt – und das kann schon der Fall sein, wenn eins unserer Fahrräder die Wand berührt, selbst wenn es nur eine Tasche am Fahrrad ist. Stets ist sie mit böser Miene unterwegs. Sie spricht nicht Englisch und reicht uns jeweils ihre Tochter am Telefon zur Übersetzung. Untereinander betiteln wir sie als "Hausdrachen". Sie äfft Martin sogar einmal nach, und die beiden kriegen sich fast in die Haare.