Elemente

Feuer, Luft, Wasser, Erde sind im Menschen, aus ihnen besteht er. Vom Feuer hat er die Wärme, Atem von der Luft, vom Wasser Blut und von der Erde das Fleisch.
— Hildegard von Bingen

25.01.2025

Die Luft ist heiss. Die Sonne, dieser Feuerball am Himmel, brennt heute erbarmungslos auf uns nieder. Der Schweiss tropft uns wie Wasser vom Körper. Doch in Erwartung, heute einen Zeltplatz gleich am Eingang zum Queen Elizabeth Nationalpark zu erreichen, wo auch immer mal wieder wilde Tiere gesichtet werden, lässt uns dennoch feurig-leidenschaftlich in die Pedalen treten und Kilometer um Kilometer Erde hinter uns bringen.

Am Strassenrand machen wir einen Halt. Ein Verkaufsstand voller Früchte hat unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen:

Mangos, Wassermelonen, Ananas, Avocados und Kürbisse in Hülle und Fülle.

Wir entscheiden uns für eine Ananas, die unseren Wasser- und Zuckerhaushalt wieder etwas ins Lot bringen soll, lassen sie uns gleich mundgerecht zuschneiden und essen das ganze süsse Ding. Die Früchte hier sind unglaublich gut, mehr Geschmack und süsser als in Europa.

Weiter geht es, an einem Neubau vorbei, der für diese Gegend ungewohnt hoch in die Luft ragt.

Das Baugerüst besteht aus zusammengezimmerten Holzlatten. Bauarbeiter brauchen hier nicht nur Schwindelfreiheit sondern auch Vertrauen in ihr eigenes Schicksal.

Es folgen Baumwollplantagen, auf denen Gefängnisinsassen in feurig-orangen Anzügen genauso wie wir der Hitze trotzen.

Etwas weiter finden wir uns plötzlich in einem Schwarm von Schmetterlingen wieder, die locker-beschwingt durch die Lüfte tanzen. Die Hitze scheint ihnen nichts auszumachen. Wir suchen uns ein Plätzchen Erde im Schatten zum Sitzen und essen eine Avocado mit Chapati (typisches Fladenbrot).

Bei der Weiterfahrt taucht plötzlich eine Metallkonstruktion am Strassenrand auf. Ein farbiger Strich am Boden markiert den Übergang der beiden Erdhalbkugeln.

Wir haben es zum Äquator geschafft!

Komischerweise hatten wir gar nicht daran gedacht. Ein findiger Einheimischer (wir wissen nicht ob von der Nord- oder Südhalbkugel) will einem den Beweis anhand von drei Schüsseln mit mittigem Abflussloch veranschaulichen. Während das Wasser auf der Nordhalbkugel in die eine Richtung abfliesse, fliesse es auf der südlichen Hemisphäre in die andere ab und auf dem Äquator strudellos. Unsere spätere Recherche ergibt, dass es sich hierbei um einen weitverbreiteten Mythos handelt. Die Corioliskraft ist zu schwach, um einen Unterschied zu machen. Unfug also, der Schwindler möchte mit seinen wohl etwas asymmetrischen Wannen einfaches Geld verdienen.

Ein nächster emotionaler Moment folgt. In der Ferne sehen wir unseren ersten wilden Elefanten der Reise!

Das grösste Landsäugetier der Welt stapft gemächlich durch die Buschlandschaft, wedelt sich mit seinen grossen Ohren Luft zu. Mit seinem Gewicht scheint der Dickhäuter fest mit der Erde verbunden.

Gegen Ende des Tages ist Sofia erschöpft. Und so schleppe ich sie auf den letzten Kilometern zum ersten Mal ab. Mit dem Schleppseil, das wir extra dafür gekauft und an meinem Fahrrad befestigt haben, sodass sie sich daran festhalten kann und es ihr das Strampeln etwas erleichtert.

Irgendwann trennt uns vermeintlich nur noch das Wasser des Kazinga Channels von unserem Camping.

Doch gleich nach der Brücke steht ein Elefant auf der Strasse. Sein Blick ist zum Glück von der Strasse weggewandt hin zu dem Papyrus, wodurch wir uns nach kurzem Zögern getrauen, langsam ganz auf der anderen Strassenseite hinter ihm durchzufahren.

Und als wir nach der Brücke links zum Camping einbiegen möchten, steht uns eine Herde Wasserbüffel im Weg.

Schlechtes Timing.. Auch wenn Wasserbüffel oft einen friedlichen Eindruck machen, gehören sie für Menschen zu den gefährlichsten Tieren Afrikas. Wir versuchen einen möglichst grossen Bogen um die rund zwanzig Tiere zu machen, unsicher, wie gross der Abstand mindestens sein sollte, um einen Angriff zu verhindern. Der Campingbesitzer holt uns auf halbem Weg ab. Er meint, dass es hier Kobras und Puffottern habe, wir also gut beraten seien, neben den Büffeln stets auch die Erde unter uns im Blick zu behalten.

Wir überleben.

Wir kommen auf dem Campingplatz "Songbird" an, noch unwissend, dass wir hier in den nächsten Tagen und Nächten noch einige denkwürdige Tierbegegnungen erleben werden.

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