Seifenblase

Seifenblasen sind wie Träume, sie bringen unsere Herzen und Augen zum Leuchten und wenn sie platzen werden wir von der Realität eingeholt.
— Unbekannt

29.01.2025

Es steht für Abenteuer. Ist Symbol von Freiheit. Unabhängigkeit. Mit nur einem einzigen Licht tanzt es der dunklen Nacht mit Schatten auf der Nase herum. Mit seinen Armen scheint es die Sterne zu umarmen. Ein Ort an dem geträumt wird und mit dem Träume wahr werden. Dennoch besteht keine Gefahr, mit ihm abzuheben, denn Schnüre befestigen es wie ein Spinnennetz fest am Boden. Sein Kleid, eine dünne Stoffwand, fängt Wind und Träume ein. Es ist ein Zufluchtsort. Bietet Schutz. Es trotzt Wind und Regen. Man fühlt sich in ihm zuhause. Egal wo es steht. Es hinterlässt keine Spuren.

Die letzte Nacht hat bei uns Spuren hinterlassen. Und damit sind nicht nur die blauen Flecken auf unseren Körpern gemeint.

Und sie hat auch nicht nur bei uns Spuren hinterlassen: Unser Zelt ist arg in Mitleidenschaft gezogen worden.

Drei grosse Löcher klaffen in unserem Innen- und Aussenzelt. Eine Stange ist gebrochen. Unser Zufluchtsort hat uns letzte Nacht nicht seine versprochene Sicherheit gegeben. Unsere Verletzlichkeit in der wilden Natur wurde uns schmerzlich vor Augen geführt. Die Illusion der Sicherheit, die uns die dünne Stoffwand vermittelt hat, ist geplatzt wie eine Seifenblase. Sie ist zerrissen wie die Stoffwand selbst.

Es braucht etwas Zeit um zu realisieren, was letzte Nacht passiert ist. Wie gross die Gefahr war. Wie nah wir an ernsthaften Verletzungen oder gar dem Tod waren. Wieviel Glück im Unglück wir hatten.

Auch Sam und Anja hatten sehr viel Glück. Zwei kleine Löcher in ihrem Zelt und ein Hufabdruck auf Sams Oberschenkel zeugen von letzter Nacht.

Löwen hätten in der Nähe des Zeltplatzes einen Wasserbock gerissen, erzählt uns der Campingbesitzer Hannington am nächsten Morgen.

So war es wohl ein Wasserbock, der, von Löwen gejagt, in Panik in mein Fahrrad gerannt und damit auf unser Zelt gestürzt ist. Ob es auch derjenige war, der gerissen wurde, werden wir nie erfahren. Wir waren also mitten in einer Jagdszene. Gut hätten wir auch vor dem Löwen stehen können, in Unterhosen. Er war wohl auch noch irgendwo, als wir aus dem zerfetzten Zelt gekrochen sind, vielleicht erschrocken durch unser Geschrei. Gesehen haben wir ihn nicht. Gespürt haben wir aber die 160 bis 300 Kilogramm, die ein ausgewachsener Wasserbock wiegt. Nun weiss ich also in etwa, wieviel Gewicht ich mir bei meinem nächsten Fitnesscenterbesuch beim Gewichtdrücken zumuten kann.

Wir hatten vor unserer Reise viele Gefahren auf dem Radar. Ein ins Zelt rennender Wasserbock war auf jeden Fall nicht auf der Liste. Wir brauchen einen Tag Erholung. Gar nichts tun, ausser Zelt und unsere Seelen flicken.

Das Innenzelt lässt sich gut mit Nadel und Faden nähen. Sofia erweist sich als sehr gute Näherin. Über 12 Stunden näht sie das Innen- und Aussenzelt. Das Aussenzelt versuchen wir zusätzlich mit Tape zusammenzukleben. Die gebrochene Stange fixieren wir mit Kabelbinder an einem Zelthaken.

Während wir das Zelt mühselig manuell zusammenflicken müssen, hat uns das Erlebnis automatisch zusammengeschweisst.

Als Paar und auch mit den anderen Überlebenden der Nacht: Anja, Sam und Hannes.

Nun haben wir wenigstens eine unglaubliche Geschichte zu erzählen.

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