Verkehr

Wenn alle in den Kurven aufpassen würden, müsste man in den Kurven nicht aufpassen.
— Jerzy Lec Stanislaw

20.01.2025

Augustine hilft uns, ein Busticket für am nächsten Tag in den Westen nach Kyenjojo zu organisieren. Die Strasse dahin ist verkehrsreich und nicht durchgehend asphaltiert, dementsprechend staubig, sie verspricht also alles andere als Genuss, was uns diesen Entschluss fassen lässt. Auf dem Rückweg zum Hotel kommen wir an einer Beerdigung vorbei. Ein bekannter Musiker ist gestorben. Es wird gesungen und getanzt, man ist fröhlich. Dies sei hier bei einer Beerdigung normal, klärt uns Augustine auf. Weiter geht die Fahrt zu dritt auf dem Motorrad ohne Scheinwerferlicht, mittlerweile im Dunkeln. Prompt übersieht Augustine ein Strassenloch und Sofia fällt fast runter, kann sich aber gerade noch auf dem Sitz halten.

Frühmorgens geht es am folgenden Tag mit den Fahrrädern los vom Hotel zur Busstation.

Herausfordernd im chaotischen Gewusel von Motorrädern, Tuktuks, Fussängern, Strassenhändlern, Tieren, Lastwagen, Bussen und Autos den Überblick zu behalten. Linksverkehr macht es definitiv nicht einfacher. In einem Kreisel fällt Sofia wieder fast vom Sitz, diesmal von demjenigen des Fahrrads. Sofort ein grosses Gehupe von Motorrädern rundherum. Dennoch erreichen wir die Busstation eine Stunde vor geplanter Abfahrt.

Geplant und Realität, das sind, insbesondere hier in Afrika, oft zwei verschiedene Paar Schuhe, wie wir heute zum ersten Mal feststellen können.

Jedenfalls haben wir mehr als genug Zeit, unsere Fahrräder im Unterbau des Busses zu verstauen, bis der Bus dann mit rund zwei Stunden Verspätung doch noch abfährt. Währenddessen wird noch an den Bremsen herumgeschraubt. Nicht gerade vertrauenserweckend!

Auf der Fahrt durch das Chaos der Grossstadt müssen wir uns von einem billig produzierten Musikvideo volldröhnen lassen, bis eine Dame, die mitten in den Gang steht, unsere Aufmerksamkeit und diejenige aller Mitreisenden auf sich zieht. Sie beginnt eine Rede zu halten, gestikuliert dabei wild, wirkt immer aggressiver und schaut hin und wieder böse in unsere Richtung. Uns ist nicht klar, ob es sich hier um politische Werbung, Unzufriedenheit mit sich selbst und/oder der Welt oder einen schizophrenen Schub handelt. Ich beginne damit, sichtbar den Kopf zu schütteln, wenn sie in unsere Richtung schaut, was sie nur noch mehr aufdreht. Das einzige Wort, dass wir verstehen, ist ab und zu ein "Hallelujah". Auf Nachfrage klärt uns unsere Sitznachbarin auf, dass sie eine Predigt hält. Als sie dann endlich fertig ist, fragt sie nach Geld und kriegt tatsächlich von Vielen um uns herum einen kleinen Batzen. Die Dame verlässt daraufhin den Bus. Scheint so, also hätte sie sich als Predigerin auf Busse spezialisiert und steigt von einem Bus in den nächsten.

Nach langer holpriger Strasse sind wir froh, in Kyenjojo anzukommen und steigen im einzigen Hotel des Ortes ab.

Touristen verkehren hier kaum, nutzen den Ort nur zur Durchfahrt zu den Nationalparks im Westen des Landes. Dies zeigt sich eindrücklich im Buch, in das sich jeder Gast aus dem Ausland mit Ankunftsdatum eintragen muss: Der letzte Eintrag ist rund zwei Monate alt. Dementsprechend hat hier niemand auf uns gewartet, man ist eher überrascht, dass jemand kommt. Ohne jedoch, dass sich diese Überraschung in Freude ausdrücken würde. Eher widerwillig zeigt uns jemand das Zimmer, das nicht besonders einladend wirkt, die Betten sind etwas schmuddelig. Ein angetrunkener Wächter lässt unser Wohlfühlbarometer auch nicht steigen. Doch für heute Nacht haben wir keine andere Wahl. Wir fragen uns, wie dieses Hotel überhaupt weiter existieren kann, selbst wenn ab und zu Einheimische zu Gast sein sollten, die sich nicht im Buch eintragen. Immerhin sind doch fünf Angestellte vor Ort. Einer davon, Josef, erscheint uns dann doch noch relativ zugänglich zu sein. Wir fragen ihn, ob wir die Küche benutzen dürfen und Sofia äussert spontan die Idee, gleich für alle zu kochen. Josef ist begeistert und sagt, er möchte beim Kochen zuschauen um zu lernen. So begleitet er uns auch zum nahegelegenen Markt, wo wir die Zutaten für die "Pasta alla norma", Tomatensauce mit Auberginen, kaufen. Er komme ursprünglich aus Burundi, sei vor einigen Jahren bei Unruhen geflüchtet. Anfangs war er im hier nahegelegenen Flüchtlingscamp. Zurück in der Küche ist Josef plötzlich verschwunden. Wollte er nicht zuschauen und lernen? Wie auch immer, wir sind hungrig und beginnen zu kochen. Als wir fertig sind, taucht auch Josef wieder auf. Die Angestellten freuen sich über die kulinarische Abwechslung. Pasta kennen sie hier nicht.

Nach dem Essen telefoniert Josef mit der Hotelbesitzerin und erzählt ihr von unserem Plan, am nächsten Tag mit dem Fahrrad Richtung Fort Portal zu fahren. Dies sei, aufgrund des Verkehrs, viel zu gefährlich, meint sie. Wir haben immerhin auch schon den Verkehr in Kampala überlebt, werden wir nun auch diese Strasse meistern?

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